Geruch nach einem Sommerregen

Wenn du dich noch an unsere früheren Sommer erinnerst, fällt dir sicher der Schweißduft in dein azurblaues Leinenhemd ein – jenes Hemd, das bis heute sorgfältig in deinem Schrank hängt. Durch den dünnen Vorhang unserer kleinen Sommerlaube im Garten­gebiet, unweit der Außenalster, zog manchmal der üble Hitzedunst: trockene Erde, verbranntes Gras. An solchen Tagen schliefen wir entweder unter dem leisen Zwitschern in den weißen Apfelblüten ein oder versanken in dem Liebesroman, den wir unbedingt vor dem Herbst beenden wollten.

 

Und wenn etwas deine Erinnerung an solche Sommer weckt, dann vermutlich der angenehme Geruch nach einem Platzregen. Feuchte Erde, die frisch sprießenden Blätter, dicht an dicht stehender Lavendel auf dem Balkon – all das trug der Wind bis in unsere kleine Küche. Dann setzten wir uns an den Tisch in der Mitte des Raums und hörten dem Leben draußen zu, das kurz innehielt: Die Leute stellten sich unter den Vordächern der Häuser gegenüber unter, um den Schauer abzuwarten. Wir schwiegen und dachten an nichts, während das wenige Licht durch die Ahornblätter drang und feiner Sprühregen unser Gesicht kühlte.

 

Und ich? Wenn ich an Sommer denke, kommen mir zuerst die sengenden Tage am Meer in den Sinn, wenn wir über Felder mit wogenden Gräsern stapften. Der Wind huschte durch die winzigen Blüten, als läge jenseits des Strandes noch ein zweites, blühendes Meer. Solche Sommer flackern manchmal in meinem Herzen auf – an stillen Tagen ebenso wie an hektischen, wenn ich im Garten meiner Mutter Rasen mähe oder Blumen gieße, beschäftigt mit der Sehnsucht, dich wieder am verrosteten Gartentor stehen zu sehen, das seit Jahren niemand austauschen wollte. Dieser Sommer war für mich der schönste: Die Tage vergingen ruhig, die Nächte waren schwül, oft herrschte Funkstille nach sinnlosen Streitereien – aber es war der Sommer, in dem ich dich sah, in dem ich dein Lachen hörte und den salzigen Schweißgeruch in deinem Glas Gutmann Weizenbier wahrnahm.

 

Erinnerst du dich noch an den angenehmen Erdgeruch nach einem Sommergewitter?
Den Duft von damals – und den, der uns heute umgibt.

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